Zwölf Geschworene im Kurtheater
Samstag, 19 Uhr; im Foyer des Kurtheaters Bad Nauheim.
Das Publikum, im Alter zwischen 17 und 70, wartet gespannt auf die Aufführung der Amateurtheatergruppe "TAF",
die mit dem Stück "Die 12 Geschworenen" von Reginald Rose das Ergebnis ihrer zehnmonatigen Arbeit präsentierte.
An der Theaterkasse waren um 19 Uhr bereits 350 Karten verkauft,
eine kleine Schlange wartete schon wieder, um für 8 bis 15 Mark eine Karte zu erstehen.
Endlich war es soweit: Nach 20minütiger Verspätung hob sich um 19.50 Uhr der Bühnenvorhang und gab den Blick auf die Bühne frei.
Ein Tisch mit 12 Stühlen, eine Uhr, ein Bild von Abraham Lincoln, ein Ventilator und ein Schild "WC" bildeten den Rahmen für die Handlung des Stücks.
12 Personen, fünf Frauen und sieben Männer, müssen sich in einem heißen New Yorker Gerichtssaal über die Schuld oder Unschuld eines Angeklagten ein Urteil bilden.
Zunächst machen es sich die Geschworenen leicht; "Natürlich schuldig" sagt Geschworener Nummer drei, überzeugend dargestellt von Stefan Wendt -
bis sie durch die Zweifel eines einzelnen verunsichert werden.
Die zwölf Spieler des "TAF" im Alter von 14 bis 28 Jahren, bestachen durch große Textsicherheit und weitgehend gelungene Gestik.
Es gelang jedoch nicht allen Darstellern, die von ihnen verkörperten Charaktere plastisch werden zu lassen.
Die Frauen im Stück unterschieden sich nicht wesentlich voneinander und hatten häufig Schwierigkeiten, laut und dennoch nicht unnatürlich zu sprechen.
Auch die Jugend der Spielerinnen passte nicht so recht zu den Rollen der älteren erfahrenen Hausfrau oder der jüdischen Emigrantin.
Überzeugend in Sprache und Spiel waren Jens Reid als Zweifler, Stefan Wendt und Andreas Erstling als seine Kontrahenten.
Gelungen war auch die Idee, das Publikum anzusprechen und so in das Spiel einzubeziehen.
Den Besuchern der Vorstellung gefiel es, wie auch der Schlussapplaus zeigte.
Man darf gespannt sein, was die Gruppe als nächstes auf die Beine stellt
- vielleicht dann ein Stück, das nicht nur der Anzahl der Spielwilligen, sondern auch deren Alter eher entspricht.
Birgit Seybold, Frankfurter Neue Presse, 05.09.1990
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